Welche Macht ich habe!

Lernen im Parcours: Was Frauen aus dem Umgang mit Pferden für die Erweiterung ihrer Führungspersönlichkeit mitnehmen können.

von Anja Günzel

Veröffentlicht in der Zeitschrift: Kommunikation und Seminar 6/2012

 

Es ist heiß in der Reithalle. Hin und wieder schnaubt einer unserer „Mitarbeiter“. Die Luft legt sich trocken und staubig auf die Lungen; es duftet nach Pferd. Die meisten in der Runde sind aufgeregt, zwei, drei Frauen, die schon einmal mit Pferden gearbeitet haben, tragen etwas mehr Gelassenheit zu Schau. Für mich ist alles neu, ich führe Laika am Strick und sehe auf der anderen Hallenseite, wie Jana sich mit Oskar abmüht. Das Tier, ein Wallach, bewegt sich nicht von der Stelle. Keinen Millimeter. Jana versucht es mit Streicheleinheiten und Gutzureden. Oskar bleibt stur. Er will den Parcours partout nicht beenden. Elf Frauen haben sich bei Trainerin Bianca Glöe auf dem Gut Klein Nienhagen in Mecklenburg-Vorpommern zum ersten Seminartag in der Reithalle versammelt, um mit den Stuten Chanel und Laika und mit Oskar zu arbeiten. Vier Tage, aufgeteilt in zwei Blöcken, werden wir unsere „Führungskräfte“ stärken, heut ist Tag 1. „Führt Euer Pferd einmal außen herum um den Parcours, in Achten um die Poller herum und wieder zurück zum Start – ohne Druck auszuüben und ohne am Strick zu ziehen“, lautete Biancas Aufgabe an uns. Wir befinden uns in der dritten Arbeitseinheit unseres Zwei-Tage-Kurses „Führungskräftetraining für Frauen“. Jana, Yvonne, Anne und Ulrike haben sich Oskar ausgesucht. Der ist so schön klein. Und wie sich etwas später herausstellt, genauso schön störrisch. Ein Blick zu Jana: Der Wallach bewegt sich immer noch nicht von der Stelle. Pferde leben innerhalb des Herdenverbandes in einer geklärten Rangfolge. Damit erfolgreiches und partnerschaftliches Arbeiten möglich ist, bedarf es auch zwischen Mensch und Pferd der klaren Rangfolge. Hat das Tier Vertrauen zum Menschen aufgebaut, erkennt es seine Führung an, dann folgt das Pferd dorthin, worauf die Führende sich konzentriert. Spürt es aber, dass ich nicht bei der Sache bin oder unsicher, macht es einfach nicht mit, zum Beispiel, wie eine Aufgabe später heißen wird, über eine knisternde Plastikplane zu gehen. Gleichviel, ob die Tiere einem folgen oder störrisch sind – die Arbeit mit ihnen weckt Emotionen und kann den Zugang selbst zu lange verdrängten Gefühlen öffnen. „Das ist das besondere an der Pferdearbeit: Man gelangt schnell an die persönlichen Themen“, sagt Seminarleiterin Bianca Glöe. Genau deshalb ist Ulrike, 51, Bibliothekarin, in diesem Kurs dabei: „Es ist für mich schwierig, Emotionalität draußen zu lassen und nur die Sachebene zu finden. Ich habe den Wunsch, meine Gefühle im Zaum zu halten, sachlich zu bleiben, obwohl alles flattert.“ Bianca Glöe leitet und trainiert seit über zehn Jahren Spezialkräfte, lebt und arbeitet auf Gut Klein Nienhagen, Feriendomizil, Reitzentrum und Seminarlocation. Ihre Spezialgebiete sind Verhandlungsführung, Konfliktmanagement und Führungskräftetraining mit Pferden. Sie kombiniert dies mit der Themenzentrierten Interaktion (TZI), einer Methode zum Arbeiten und Lernen in Gruppen, vor gut 50 Jahren in den USA von der Psychotherapeutin und Psychologin Ruth Cohn entwickelt. Lerneinheiten im Seminarraum wechseln sich mit Arbeit in der Reithalle ab. Dort haben die Teilnehmerinnen die Möglichkeit, eigene Verhaltensweisen und die eigene Wirkung auf Dritte direkt zu erleben. Bianca Glöe: „Die Pferde geben ein unmittelbares Feedback, das von den Teilnehmerinnen erfahrungsgemäß als objektiv wahrgenommen und somit sehr gut angenommen wird.“ Die Frauen spüren dies als einen Impuls zur persönlichen Weiterentwicklung. Gleichzeitig können sich bei den Teilnehmerinnen neue Themen zeigen, die wir dann im weiteren Verlauf aufgreifen und bearbeiten. Im Seminarraum der alten Remise ist es angenehm kühl, eine Wohltat nach der Arbeit in der warmen Reithalle. Wir sitzen im Kreis und haben nach dem Abendessen Gelegenheit, unsere jüngsten Erfahrungen mit Laika, Oskar und Chanel zu reflektieren. „Ich habe mich hilflos gefühlt, weil Oskar nicht getan hat, was ich wollte“, sagt Jana (wie alt, welcher Beruf?). Das habe sich angefühlt, wie der Umgang mit einem ihrer Mitarbeiter, der auch manchmal störrisch ist. „Er macht einfach nicht mit! Und ich will ihn noch mit Streicheleinheiten motivieren…“ Es übrigens fünf lange Minuten gedauert, bis Oskar, der Wallach, Jana folgte, die ihr ganz eigenes Fazit hat: „Morgen möchte ich ein anderes Pferd – ich wechsle die Abteilung…!!!“ Durch das Arbeiten in kleinen Gruppen, im Wechsel mit Reflexionen in großer Runde, wurden wir Frauen rasch vertraut miteinander. Ines ist bewusst geworden, dass ihre Unsicherheit, die Laika ausgelöst hat, ein ganz altes Gefühl ist, und Ulrike bekennt in der Runde: „Ich presche stets vor und muss dann umkehren, um die anderen abzuholen.“ Es gab auch Glücksmomente am Ende des ersten Tages. Ich selbst konnte es kaum fassen, als Chanel mir freiwillig folgte – ohne Leine und Halfter, ihre Nüstern ganz dicht an meinem Hals, so dass ich ihren warmen Pferdeatem spüren konnte. Bianca Glöe bietet diese Kurse speziell für weibliche Führungskräfte an. Sie hat auf ihrem eigenen Weg als Führungskraft festgestellt, dass Frauen anders führen als Männer und auch ein anderes Training brauchen. Frauen in Führungspositionen setzen, anders als Männer, verstärkt auf Vertrauen und einen persönlichen Umgang. „Führen mittels Kooperation und auf Augenhöhe – das finde ich ganz oft bei Frauen“, sagt Bianca Glöe. Ihr Anliegen ist es, sie dabei zu stärken und begleiten, vor allem, wenn sie an bestimmten Stellen nicht weiterkommen und sich aufzureiben beginnen. Mit unseren Pferden bekommen wir die Möglichkeit, Ursachen für „Stolpersteine“ auf dem eigenen Weg zu finden. Am Morgen liegt das Gutshaus im Nebel. In der Reithalle ist es nicht mehr so heiß wie das letzte Mal. Draußen hören wir Laika laut wiehernd vorbei galoppieren – Freundin Chanel wird schmerzlich vermisst. Die steht schon parat in einem acht mal acht Meter großen, umzäunten Areal und wartet auf ihren Einsatz. Gleich wird die Stute für Ulrike in die Rolle einer schwierigen Mitarbeiterin schlüpfen, und den Parcours absolvieren, ohne Strick, Ulrike schafft es mit der inneren Ausrichtung auf das eigene Thema. Und konzentriert auf das Ziel, eine Plastikplane in der Mitte des Karrees. Pferde mögen solche knisternde Planen gewöhnlich nicht besonders, und auch Chanel meidet sie lieber. Es braucht also einige Überzeugungskunst, in der wir alle uns nach und nach üben. Wie wird das Pferd reagieren, wenn ich das Feld betrete? Vertraut es mir so sehr, dass es mir auch auf oder über die ungeliebte Plane folgt? Freiwillig? Bei dieser Arbeitseinheit könnten wir Hilfsmittel benutzen, etwa eine Fahne, die wirkt als deutliches Signal auf das Pferd. Gebrauche ich die Fahne – reize ich damit die Mittel aus? Und was hat Chanels Verhalten mit meinem eigenen Thema zu tun? Katrin, 45, Webdesignerin, traut sich, die Fahne zu nehmen, um Chanel hin- und her zu bewegen. Nach der Arbeitseinheit sagt sie nachdenklich: „Ich habe plötzlich gespürt, welche Macht ich habe, und fand das gar nicht so doof. Vielleicht muss ich mich gar nicht immer klein machen…!?“ Chanel hat an diesem Arbeitstag viele Aufgaben und meistert sie alle mit Bravour – schlüpft abwechselnd in die Rolle von Mitarbeitern, Söhnen, oder ganz abstrakt in unliebsame Themen. Wir sind komplett überrascht, wie genau das Tier etwas spiegelt, was wir in unserem konfliktreichen Alltag wahrnehmen. „Das Lustige war, dass Chanel sich genau so verhalten hat wie meine Kolleginnen!“, höre ich eine Teilnehmerin sagen. Das instinktive Verhalten Chanels berührt uns Frauen, und es fließen auch Tränen. Störungen und Gefühle haben Vorrang, lautet eines der Postulate der TZI. Bianca Glöe kann mit dieser Methodik ein Klima schaffen, in dem sich jede mit ihrem konkreten Thema einerseits aufgehoben fühlt, und das es andererseits ermöglicht, die eigenen Grenzen zu erweitern. Katrin schätzt es, dass das Seminar einen solchen „achtsamen Umgang mit uns selbst und unseren Mitmenschen und Kollegen lehrt“. Die intensiven Tage wirken nach, das tiefe Erleben mit Laika, Oskar und Chanel erleichtert es, die Erkenntnisse in den Alltag zu integrieren. Katrin erzählt, dass die Kaffeetasse in ihrer Hand nun nicht mehr zu zittern begönne, wenn ein Kundengespräch einmal nicht nach Erwartung läuft. „Ich höre jetzt auf meinen Bauch. Wenn der Gesprächspartner mich runterzieht, ziehe ich die Notbremse und vertage das Gespräch. Bei Herausforderungen denke ich an Chanel und nehme sie über die Hindernisse mit. Ohne Strick! Da wachse ich gleich um drei Zentimeter!“ Anja Günzel, 43, Flensburg, selbstständige Beraterin, www.kraft-raum.eu

Kundenfeedback

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Dieses Seminar ist eine wunderbare Selbsterfahrung. Stimmen Ihre Ziele mit denen Ihres Unterbewusstseins überein? Senden Sie klare Signale an Ihr Gegenüber? Sind Sie klar? Oder gibt es Störungen, um wirklich auf Ihrem Weg erfolgreich zu sein? (Doris, 2013)

Die Arbeit mit Pferden eröffnet ungeahnte Einblicke in das eigene Führungsverhalten und das ganz ohne verbale Kommunikation, ehrlich, ungefoltert, treffend...einfach wunderbar!" (Brigitte Stang, 2014)

"Meine Güte, ist das tiefgehend!" (April 2014)

"In vertrauensvoller und geschützter Atmosphäre mit Mensch und Pferd arbeiten."

Sie erfahren, wer Sie sind und was sie wollen und können. Viel Spaß beim Entdecken und Sich-Erleben. …..ich weiß jetzt, wo meine Reise hingeht. Dieses Pferdeseminar war auch ein Puzzleteilchen auf meinem Weg. Lieben Dank dafür. Doris 

Der nächste Schritt auf meinem Weg ist gemacht!

Führen mit Respekt und Vertrauen - was Pferde brauchen, brauchen Menschen auch!

Wir sind heute zu sehr Kopfmenschen. Das Pferd hilft, in mein Unbewusstes, das Unbekannte vorzudringen. Das ist ein Abenteuer und eröffnet viele Lösungsansätze (Beate - 2014)

„Das Pferd zeigte mir, dass das Miteinander wichtiger sein kann, als das schnelle Erreichen meines Zieles. Mir ist bewusst geworden, dass gute Führung viel mit Vertrauen in mein Gegenüber zu tun hat." - Brigitte, Detmold

„Die Stute spiegelte mir mein eigenes Führungsmuster und wies mir den Weg.“

„It was almost magical. Can this horse read my mind?..When I had a good connection, the horse followed me, when I started to think, he immediately walked away. It made me realise how important conection is in leadership.“- Natasja, Niederlande

„The horse was a mir-ror for me. It makes me authentic and that gives me power about my leadership.“ - Anja, Belgien

„Very special to experience how strong being really present influences my leadership. The horse stopped following immediately when I wandered off in my head!“ - Ben, Holland

Gut Klein Nienhagen

Unsere Beratungen und Führungskräftetrainings werden auf dem Gut Klein Nienhagen durchgeführt.

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